Seit über 100 Jahren fliegen Luftfahrzeuge mit Verbrennungskraftmaschinen.
Warum sollte man ausgerechnet auf Bewährtes verzichten, kennt man doch alle
Stärken und Schwächen von Kolbenmotoren und fossilen Kraftstoffen, die dafür
benötigt werden. Bislang ging man aber davon aus, dass diese Kraftstoffe
ausreichend vorhanden sind. Festzuhalten ist, dass die Allgemeine Luftfahrt einen
verschwindend geringen Anteil davon im Vergleich zur Militär- und Zivilluftfahrt
verbraucht und das der Gesamtbedarf der Luftfahrt marginal gegenüber anderen
Kraftmaschinen einschließlich der KFZ und Schiffe ist. Doch die Ressourcen sind
endlich und Verbrennungsmotoren könnten so zu Auslaufmodellen werden.
Elektromotoren
Vollkommen ohne Benzin in die Luft zu kommen, wäre ideal. Hier bietet sich der Elek-
tromotor idealerweise an. Er kommt mit nur wenigen Bauteilen aus. Und weil er kaum
einem Verschleiß unterliegt, ist er auch weniger störanfällig. Inzwischen weisen elek-
trische Energieträger ständig höhere Energiedichten auf. Doch das alleine reicht nicht
aus.
Die Wirkungsweise des Magnetismus wusste auch schon ein Werner von Siemens, der
als Erfinder des Elektrogenerators gilt, nachdem Jahrzehnte zuvor der dänische Physi-
ker und Philosoph Hans Christian Ørsted die Entdeckung des Elektroagnetismus ge-
macht hatte, die 1834 zu einem ersten Elektromotor führte. Vorausgegangen war die
Volta‘sche Säule von Alessandro Volta aus Italien. Die Grundvoraussetzung aller Elek-
tromobilität! Nur zwei Jahre später erfand Johann Wilhelm Ritter, ein deutscher Physi-
ker und Philosoph die Rittersche Säule, den ersten Akkumulator.
Indes traten aber die Verbrennungskraftmaschinen, angetrieben durch fossile Brenn-
stoffe ihren ungebremsten Siegeszug an. Elektromotoren und Akkumulatoren wurden
fast ausschließlich nur stationär oder zumindest erdgebunden eingesetzt. Erst Ende der
fünfziger Jahre schien die Zeit für den Luftfahrtbereich reif zu sein, abgesehen von
einigen Einzelversuchen Ende des 19. Jahrhunderts, einige Luftschifftypen mangels
leichter Benzinmotoren doch zuerst mit Elektromotoren auszurüsten. So gelang es
einem Franzosen 1884, schon lange vor der großen Zeppelin-Ära sein Luftschiff
„LaFrance“ mit einem Elektromotor auszurüsten.
Doch hätte der breite Einsatz von Elektroantrieben wegen der damaligen hohen Moto-
ren- und Akkugewichte und der geringen Energiedichten der Akkus selbst keinen Sinn
gemacht. Die technologische Entwicklung auf diesen Ebenen vollzog sich dann doch
eher in sehr kleinen Schritten bis zu den ersten nennenswerten Elektroflügen. Bei der
Entwicklung von Elektroflugzeugen standen nach wie vor die altbekannten Hürden.
Der Einstieg kam von der Seite der Flugmodellbauer, auch wenn in den ersten Jahren
zuerst noch auf bewährte Motorenbauarten wie bürstengespeiste Gleichstrommotoren
zurückgegriffen wurde. Die Erfolge blieben nicht aus.
1959 gelang dem Österreicher Fred Militky der erste Kraftflug mit einem Elektroflug-
modell. Seine Idee sollte auch durchaus fruchten, denn 14 Jahre später inspirierte er
auch Schulfreund Heino Brditschka und seinen Vater mit einem bemannten Flugzeug
elektrisch zu fliegen. Um die Elektroantriebe in der bemannten Luftfahrt wurde es aber
schnell wieder still, während sich der Elektro-Modellflug kontinuierlich weiterentwickelte.
Weil Gleichstrom-Schleifringläufermotoren starken Abnutzungserscheinungen unter-
worfen sind, machte sich die Entwickler von Motoren die Vorteile der bürstenlosen
Motoren mit einer Ankerglocke zunutze. Das hatte den Vorteil, dass weder funkstö-
renden Funken, bzw. Feuer am Schleifring entstehen konnten und dass sich auch die
elektrischen Verluste ebenso reduzierten, wie auch die Geräuschentwicklung. Die bei
kleinen Gleichstrommotoren üblichen Permanentmagnete konnten nach und nach durch
modernere Magnetwerkstoffe von anfänglichen Alnico- (Aluminium-Nickel-Kobalt-Eisen
und Kupfer) über Kobalt-Samarium- bis zu den heute gebräuchlichen Neodym-Eisen-
Bor-Magneten (NdFeB) ersetzt werden.
Kollektorlose Motoren funktionieren nach einem einfachen Prinzip. Das durch die Pol-
wicklungen erregte Drehfeld wird mit einer Art Drehstrom erzeugt. Die Polwicklungen,
bestehend aus Kupferspulen, sind den Permanentmagneten gegenüberliegend um
Eisenbleche gewickelt. Diese Bleche, die in der Regel aus einer Eisen-Silizium-Legie-
rung bestehen, werden einseitig mit einer isolierenden, aber klebenden Lackschicht
versehen. Das verhindert Wirbelströme, denn sonst könnte man andere homogene,
weichmagnetische Werkstoffe nehmen.
Beim E-Motor trägt ein Blechpaket die im Kreis angeordneten Kupferspulen. Außen-
liegend befindet sich gegenüber jeder Spule ein Permanentmagnet, der abwechselnd
mal als Nord und mal als Süd gepolt ist.
Fließt ein Strom durch die Wicklung, entsteht ein Magnetfeld. Um das Magnetfeld in
Drehung zu versetzen, muss die Polarität ständig umgewechselt werden. Ungleich-
namige Pole zweier Magnete ziehen sich dabei an und gleichnamige stoßen sich ab.
Der permanente Polwechsel durch die Spulen führt so zur Drehung. Dies wird durch die
elektronische Steuerung erreicht.
Die Spulen mehrerer mit Lack isolierter Drähte werden hintereinander im Stern oder im
Dreieck miteinander verbunden. Das Blech/Spulenpaket wird als Stator bezeichnet. Der
rotierende Teil stellt den Rotor dar. Die Motoren können sowohl als Außen- als auch als
Innenläufer aufgebaut werden. Um einen ruckfreien Lauf zu gewährleisten, versuchen
die Motorenbauer möglichst viele Polpaare zu bilden. Einzige Verschleißteile sind die
Lager, die konventionell als Gleit- oder Kugellager verbaut werden.
Der Aufbau solcher Motoren ist relativ einfach und das im Gegensatz zu Verbrennungs-
motoren, die sehr viel bewegliche Teile besitzen und die neben hohen mechanischen
Beanspruchungen auch noch extrem hohen thermischen Belastungen ausgesetzt sind.
Für niedrige Lasten verwendet man gerne Außenläufer, weil die sich auch gut durch Luft
kühlen lassen. Das gilt für Leistungen bis zirka 50 kW. Will man höhere Leistungen
erstellen, kommen Flüssigkühlungen infrage. Allerdings sind dem auch Grenzen ge-
setzt, denn sowohl die Spulen als auch die Permanentmagnete vertragen keine Tempe-
raturen über 120 °Celsius.
Motoren dieser Bauarten erreichen heute Wirkungsgrade von 95% und mehr. Dem
stehen die Verbrennungsmaschinen mit bescheidenen 35-40% gegenüber. Dafür wei-
sen sie günstigere Leistungsgewichte auf. Elektromotoren mit hohen Wellenleistungen
können da im Moment noch nicht mithalten, weil im Gegensatz zu Verbrennungs-
motoren kaum Leichtbaumaterialien verbaut werden können. Vom Kupfer über Eisen bis
hin zu den Magneten handelt es sich um in ihren Artgewichten sehr schwere Materialien,
die sich nicht einfach ersetzen lassen.
Um hohe Wirkungsgrade zu erzielen, erzeugt man der Einfachheit halber rechteck-
getaktete Spannungen. Je höher die Spannung ist, desto besser wird der Wirkungs-
grad. Zudem bemüht man sich, die Ströme möglichst im Sinuskurvenverlauf auf die
Spulen zu schicken. Das spart elektrische Verluste im Motor und in der Steuerlektronik,
die sonst zusätzlich in Wärme umgesetzt werden.
Ein kleiner zusätzlicher Vorteil bei kollektorlosen Motoren ist, dass bei den fehlenden
Bürsten auch keine elektrischer Funken erzeugt werden, die zu Funkstörungen führen.
Prinzipiell kann der Aufbau kollektorloser Motoren auch mit den Lüfter- oder Antriebs-
motoren der Laufwerke in PC’s verglichen werden. Unschlagbar ist der Drehmomenten-
verlauf des E-Motors. Das Drehmoment ist im Gegensatz zu einem Kolbenmotor über
die gesamte Drehzahl nahezu gleich. Letztere ist nur von der Spannung abhängig.
Die Energiespeicher
Batterieentwicklungen beruhten in der Vergangenheit meistens auf Zufallsprinzipien.
Würde man, so Experten, Batterieentwicklungen mit der gleichen Intensität wie bei der
Kernforschung einsetzen, wäre das Speicherproblem elektrischer Energie heute viel-
leicht schon gelöst. Seit mehr als 100 Jahren hat sich in der Fahrzeugtechnik die Blei-
Batterie bewährt. In der Luftfahrt sind heute Lithium-Ionen Batterien, bzw. –Akkus
Standard, wenn es sich um Antriebsakkus handelt.
Erprobt werden bereits auch Lithium-Schwefel- und Lithium-Luft-Akkus, wie etwa am
Batterieforschungszentrum der Universität Münster, Electrochemical Energy Technology
(MEET). Hier arbeitet ein Wissenschaftlern-Team in der Forschung und Entwicklung an
Energiespeichern mit bis zu fünffach höheren Energiedichte, längerer Haltbarkeit und
maximaler Sicherheit als heutige Lithium-Ionen Batterien. Eine kleine Menge einer
klaren Flüssigkeit weckt dort große Hoffnungen. Die Ausgangsbedingungen sind immer
dieselben: Um Energie zu gewinnen, strömen die Lithium-Ionen zwischen zwei Teilen
eines Akkus hin und her, von der Anode und der Kathode. Dazu müssen die Ionen an
diesen beiden Stellen noch in einer Art von Behältermolekülen gefangen werden. Man
hofft spätestens 8-10 Jahren serienreife Lithium–Luft-Batterie zur Verfügung zu haben.
Doch schon präsentieren deutsche Forscher einen noch neueren Typ, der eine zehn-
fach höhere Energiedichte als Lithium-Ionen-Batterien verspricht: Den Metallfluorid-
Akku. Das Karlsruher Institut für Technologie KIT, das sich damit beschäftigt, verhehlt
allerdings nicht, dass es sich bisher nur um einen Prototyp handelt. Immerhin zeigen die
neuen Akkus bereits größere Ladekapazitäten pro Kilo als Lithium-Ionen-Akkus. Das
Neue ist: Es werden pro Lade-und Entladezyklus gleich mehrere Ladungseinheiten
gespeichert und übertragen, statt nur eine Einheit wie bisher. Der Grund-aufbau des
Stromspeichers ein Metall, beispielsweise Cer; die andere Seite (Kathode) besteht aus
einer Verbindung eines anderen Metalls mit mehreren Fluor-Atomen. Wie bei jedem
Akku sind beide Seiten durch einen Ladungstransporter, dem Elektrolyt getrennt, in
diesem Fall ist es keine Flüssigkeit, sondern ein fester Elektrolyt. Beim Entladen
wandern gleich mehrere geladene Fluor-Atome durch den Elektrolyt zur Metallseite statt
beispielsweise nur eines Lithium-Ions beim konventionellen Antriebs-Akku. Allerdings
sind die Karlsruher Ingenieure über das Experimentierstadium noch nicht hinaus
gekommen. Momentanes Problem: das Labormuster arbeitet noch unter
Hochtemperatur.
Um es aber auf einen Nenner zu bringen: Elektrolyte und Trennfolien stellen die Kern-
probleme moderner Lithium-Batterien dar. Auf dem Boden der Tatsachen scheinen die
Japaner zu bleiben. Bei der Sekisui Chemical, einem Unternehmen, welches sich in
erster Linie mit Kunststoff-Techniken beschäftigt, stellte ein neues Herstellungsver-
fahren vor, das statt der bei Lithium-Ionen-Batterien üblichen Kohlenstoffmaterialien zur
Speicherung auf eine spezielle Silizium-Legierung setzt und die Leitfähigkeit erhöht. Neu
sind auch gelartige Elektrolyte, die den Produktionsprozess deutlich beschleunigen
sollen. Für 2015 war bereits die Serienfertigung der bis zu 2/3 günstigeren Batterien
geplant. Und auf eine KFZ-Batterie bezogen, die gegenwärtig noch um die 15 000 €
kostet, will man die neue Super-Batterie schon für 5000.- € anbieten können. Ganz klar,
dass die Luftfahrt da bei bescheidenerem Bedarf auch von profitieren wird.
Weniger kompliziert sehen Ingenieure das Laden der Batterien und die Batteriemana-
gement-Systeme. Moderne Elektronik macht es möglich. Anders als bei Bleibatterien,
die en bloc geladen werden können, wollen Lithium-Zellen pfleglich behandelt werden.
Sowohl bei der Ladung als auch bei der Entladung also im Flugbetrieb dürfen die
Differenzspannungen in der Regel nicht mehr als 50 mV betragen. Das erreicht man
durch konstantes Messen der Einzelspannungen an der Zelle. Treten Fehler bzw.
Störungen einzelner Zellen im Flug auf, können sich sogar einzelne Zellen automatisch
abschalten. Je höher die Batteriespannung ist, desto weniger fällt allerdings auch eine
fehlerhafte Zelle in Gewicht. Hersteller moderner Lithium-Zellen sind deswegen bemüht,
eine sehr kontinuierliche Fertigung zu garantieren.
Bekannt ist, dass es nach Brditschka’s ersten Elektroflug 1973 auch wieder lange still
war, bis Paul MacCready den Gossamer Penguin in seiner Firma AeroVironment als
Vorstufe für den Solar Challenger entwickelte. Mit dem Solar Challenger, solarzellen-
bestückt, konnte 1981 der Ärmelkanal mit Solarkraft überflogen werden. Kurz zuvor flog
Karl Friedel mit umgebauten Bosch-Scheibenwischermotoren als erster Deutscher mit
elektrischer Energie.
Indes vollzog sich auf dem Modellflug-Sektor die Entwicklung des Elektrofluges kon-
tinuierlich. Besonders auf der Elektronikseite flossen die Erfahrungen mit modernen
Komponenten ein, die die Stelleinheiten zur Drehzahlsteuerung zuverlässiger und
leichter machten. Da machte den späteren Anwendern für bemannte Flugzeug den Ein-
stieg in diese neue Technologien auch leichter. Der serienmäßige Einbau von Elektro-
antrieben begann dennoch erst gegen Ende der neunziger Jahre in einsitzigen Motor-
seglern (History).
Wer der namhaften Hersteller den großen Sprung zu einem Serien-Motorflugzeug zuerst
und wann überhaupt startet, hängt ausschließlich von der Batterie und Regelungsseite
ab, denn Wärme-Verlustleistungen, die bei niedrigeren Leistungen durch Flächenkühler
oder einfache Zwangskühlung abgeführt werden können, sind im Gigawatt-Bereich noch
ungelöst. Der Grund: die kurzen Schaltimpulse der Halbleiter führen zur direkten
Wärmeentwicklung, die abgeführt werden muss. In niedrigeren Leistungsbereichen wie
für Ultraleichtflugzeuge und Motorsegler hat man diese Probleme schon in den Griff
bekommen. Nach heutigem Stand der Technik geht man davon aus, dass die elektro-
nischen Probleme schneller beherrschbar sind als die Entwicklung neuer Batterien.
Unternehmen, die sich mit Elektroantrieben beschäftigen, zeigen sich optimistisch, was
zukünftige Batterieentwicklungen betrifft. Im niedrigen Leistungsbereich bis etwa 25 kW
wagt man schon die Komplettkosten mit denen der Anschaffungs- sowie den laufenden
Kosten gleichzurechnen.
Hybridtriebwerke
In Abwägung aller Fakten bieten sich momentan als sinnvolle Alternative noch Hybrid-
triebwerke an, auch wenn diese wegen zwei verschiedener Aggregate die Kosten fast
immer doppelt so hoch sind. Da die Reiseflugleistung aber nicht mit der Startleistung
gleichzusetzen ist, kann der Elektromotor wie eine Art Booster zum Start eingesetzt
werden, was den Verbrennungsmotor leichter und billiger macht. Siehe auch History
über „e-Genius“„Panthera“ oder CT.
H. C. Ørsted,
Entdecker des
Elektroagnetismus
Erstes Elektro-Luftschiff
Faulhaber Micro-Motor (1979)
Bosch-E-Motor im ersten Elektroflugzeug der Welt
Bürstenloser
Glockenanker-Modellmotor
Gleitschirm-Motor mit 30 Ankerwicklungen
PC-Lüftermotoren als Beispiel
für moderne Elektro-Flugmotoren
(in der Glocke die Magneten)
Wie die Wissenschaft die Batterie-Entwicklung sieht
Am KIT in Karlsruhe
arbeitet man am
Metallfluorid-Akku
Sekisui Chemical
meint an der Trenn-
folie liegts bei den
Lithium-Ionen-
Batterien und er-
weckt damit große
Hoffnungen
Geforscht wird auf breiter Ebene
Große Aufgabe: wie bringt
man mehr Kohlenstoffatome
zwischen die Moleküle
Einpassen des
Batterie-Packs
in der Antares 20E
Wie sich Airbus einen Hybrid-Antrieb vorstellt
Idealfall durch Sinuskurve: Der Gleichstrommotor wird
durch den Drehzahlsteller zum Pseudo-Drehstrommotor.
Ob Sinus oder Rechteck hängt vom Steller ab.
Funktionsweise: bürstenloser Gleichstrommotor
Technik
Elektrisches Fliegen - die Zukunftsperspektive
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