Elektrisches Fliegen - die Zukunftsperspektive
Elektrisches Fliegen - die Zukunftsperspektive
Airbus-Testflieger
Foto: Messe-FN
Uber denkt an Luft-Taxis
So stellen sich die amerikanischen Ingenieure einen elektrisch betriebenen 150-Sitzer vor
Geht es nach dem kalifornischen Flug-
zeugbauer Wright Electric, dann könn-
ten bereits 2030 mit einem ihrer „Wright
One ECO 150R“ 150 Passagiere von
London nach Paris fliegen. Dass die
Idee nicht unrealistisch ist, beweisen
ähnliche Pläne von Boeing und Airbus.
Auch die NASA hat sich mit dieser Idee
schon seit längerem beschäftigt. Die
Prognosen des Weltluftverkehrs bis
2030 gehen nicht nur von einer Ver-
dopplung des Weltluftverkehrs aus,
sondern auch von den daraus entsteh-
enden Emissionen. 30 Prozent der Flug-
verbindungen sind genau die Flüge, die
ein elektrisch betriebenes Kurzstrek-
kenflugzeug bedienen könnte. Erste Ge-
spräche führte Jeff Engler, Mitbegrün-
der der Wright Electric bereits mit dem
englischen Low-Cost Carrier Easy Jet,
die sich durchaus vorstellen können,
einen solchen Flugzeugtyp einzusetzen.
Tomas Brødreskift hatte auf der AERO
gut Lachen. Rechtzeitig zu Messebe-
ginn konnte er seinen Prototypen des
ersten Serienmotorflugzeugs der Welt
mit Hybridantrieb fertigstellen. Acht
Jahre arbeitete der Norweger an der Re-
alisierung seines einzigartigen Flug-
zeugentwurfs, das mit viel deutscher
Technologie und unzähligen Helfern fer-
tiggestellt werden konnte. Der Zwei-
sitzer wartet mit vielen technischen
Neuerungen auf. Dazu zählt auch eine
Fy-by-wire Steuerung. Der 100 kW E-
Motor soll das Amphibium auf 130 Kno-
ten bringen. Inzwischen laufen in der
Nähe von Oslo die Vorbereitungen für
die Land- und Seeerprobung des zwei-
sitzigen Amphibiums.
Foto: Messe-FN
Equator P2 Excursion
Foto: H.Penner
Elektrischer 150-Sitzer
Bild: Wright Electric
Das Herz des Antriebs ist ein 100 kW-Elektromotor in der Seitenleitwerksflosse
https://weflywright.com/
So könnte die nahe Zukunft aussehen: Auf dem Dach eines Parkhauses starten und in wenigen Minuten den Zielort erreichen.
Uber ist ein amerikanisches Dienstlei-
stungsunternehmen mit Sitz in San
Francisco. Es bietet in vielen Städten
der Welt Online-Vermittlungsdienste zur
Personenbeförderung an. Uber wurde
2009 ursprünglich als Limousinenser-
vice von Garrett Camp und Travis Ka-
lanick (heute CEO) in San Francisco
gegründet. Die Dienste UberX und Uber-
Black vermitteln Fahrgäste an Mietwa-
gen mit Fahrer, UberPop vermittelt sie
an private Fahrer mit eigenem Auto.
UberTaxi vermittelt reguläre Taxis. Die
Vermittlung erfolgt über eine Smartpho-
ne-App oder eine Website. Das Unter-
nehmen erhebt dabei eine Provision von
bis zu 20 Prozent des Fahrpreises. Die
mobile Anwendung zählt zu den Taxi-
Apps. Inzwischen ist auch Toyota an
Uber beteiligt. Der geschätzte Börsen-
wert liegt inzwischen bei über 50 Mil-
liarden Dollar. Neu sind Ubers Absich-
ten zur Verkehrsentlastung in Groß-
stadtzentren auch in die Luft zu gehen.
Was teilweise noch als Utopie gesehen
wird, könnte schon in wenigen Jahren
Wirklichkeit werden. Im April hatte man
einen Konvent einberufen. Neben fast
20 Mitbewerbern wie auch Airbus, Em-
braer und Bell beteiligte sich auch der
slowenische Flugzeughersteller Pipi-
strel. Ivo Boscarol, CEO von Pipstrel
und Mike Moore, Techn. Direktor für
Luftfahrt bei Uber, unterzeichneten
einen Kooperationsvertrag, der vor-
sieht, dass Pipistrel einen VTOL für ein
Air Taxi entwickelt, dessen erstes Mus-
ter bis 2020 fliegen soll.
Aurora Flight Scienves machte sich in der
Vergangheit einen Namen durch verschie-
dene Drohnenprogramme, insbesondere
für die US-Streitkräfte. Im Oktober 2017
kaufte Boeing HorizonX das Unterneh-
men. Nun will man auch zivile Anwen-
dungen forcieren.
Mit dem Kauf von US-Firma Aurora Flight
Sciences durch Boeing HorizonX könnte die
schon viel zitierte urbane Flexibilität bald
Wirklichkeit werden. Das rund 600 Mann
starke Entwicklungsunternehmen hat in der
Vergangenheit bereits an über 30 Drohnen-.
Einfach über Wasser schweben
Ein Einfachstfluggerät mit Senkrecht-
starttechnik und fliegbar in der 120 kg-
Klasse. Das wär‘s doch! Genau das
wurde im April in den USA präsentiert.
Der Kitty Hawk Flyer ist ein copterähn-
liches Fluggerät, dass wie ein Segway
in sitzender Form geflogen werden
kann. Bis zu 40 km/h schnell soll der
Kitty Hawk Flyer werden. Nach den ers-
ten Tests über einer Wasserfläche
demonstrierte der Pilot Cimmeron Mor-
rissey einen zum Teil sehr wendigen
Schwebeflug. Ziel ist es noch bis Jah-
resende das rund 100 kg leichte Flug-
gerät in einer stark verbesserten Ver-
sion auf den US-Markt zu bringen. Kitty
Hakws Flyer wäre dann wie ein normal-
es Sportgerät über amerikanischen Ge-
wässer lizenzfrei fliegbar! Die Flugzeit
dürfte jedoch vorerst auf nicht mehr
als 15 Minuten begrenzt sein - eine
Sache der Batterien! Der Prototyp ist
eine Rahmenkonstruktion mit den acht
Motorenauslegern in dessen Mitte sich
unter dem Sitz die Batterien und die
Steuerungselektronik befinden. Statt
eines Fahrwerks besitzt der Flyer zwei
einfache Schwimmer. Die Lagerege-
lung erfolgt automatisch. Das Flugge-
rät kann nicht überzogen werden!
Kitty Hawk ist ein Tochterunternehmen
des von Google-Mitbegründers Larry
Page mitbegründeten und finanzierten
Firma Zee Aero, die nach zukünftigen
Mobilitätslösungen unter dem Sammel-
begriff von Personal Aircraft und Air
Taxis sucht. Eine Zulassung in
Deutschland unter der eingeführten
120 kg-Klasse dürfte bei den Behörden
jedoch sehr schwierig sein.
Kitty Hawk läßt sich so ähnlich wie ein Segway steuern. Das System soll weiterentwickelt werden.
Bild: Uber
Ein neues Fluggerät “Made in Germany”
Noch Vision aber technisch schon durchaus vorstellbar: Air-Taxis für Kurzflüge
Fünfsitzige Version (Rendering) des noch in Entwicklung befindlichen
Serien VTOL
Das VTOL Air-Taxy, hier noch die unbemannte Version während des Erstfluges am Flugplatz Mindelheim
Der Prototyp des noch unbemannten Luft-
taxis „Lilium“ flog bereits. Doch in zwei
Jahren soll der Fünfsitzer schon bemannt
fliegen. Die Idee kam von Startup-Mitgrün-
der Daniel Wiegand aus München, der zu-
vor in der Industrie tätig war. Schon bei
„Jugend forscht“ holte er sich den ersten
Preis. Danach ging er an die Technische
Universität München und machte seine
Diplomarbeit im Fachbereich Flugantrie-
be. „Als ich das erste Mal von meiner Idee
mit dem senkrecht startenden Elektro-Jet
erzählte, erntete ich Erstaunen aber auch
wohlwollende Skepsis“, erzählte Firmeng-
ründer Daniel Wiegand. Seine Vision erin-
nerte sehr an Actionfilme, in denen Film-
helden mit einem Jet durch Häuser-
schluchten düsten. Projektziel des 31-
jährigen Ingenieurs war vor zwei Jahren,
ein elektrisches Flugobjekt zu entwickeln,
das auf kleinstem Raum senkrecht starten
und landen kann. In Sebastian Born, Pat-
rick Nathen und Matthias Meiner fand er
drei Mitstreiter, die das Zukunftsprojekt
inzwischen mitgestalten. 2015 gründeten
sie das Unternehmen Lilium Aviation.
Was aber ist Lilium genau? Von oben
oder un-ten gesehen ist Lilium ein
Canardflügler mit 10 Meter Spannweite.
Der Antrieb liegt im Haupt- und im
Canardflügel. Dort be-finden sich im
Hauptflügel 24 und im Ca-nardflügel 12
Fans. Beim Protoytypen hat der vordere
Teil noch keinen echten Ca-nardflügel,
der auch aerodynamischen Auftrieb lie-
fern würde. Er besteht nur aus einer am
Rumpfvorderteil drehbaren Fan-Gondel,
in der sich 12 Fans befinden. Das soll
allerdings in der Serienversion an-ders
werden. Die Motoren sind mit den Fans
jeweils zu Gruppen zusammenge-fasst,
die zwischen den Hub- und Marsch-pha-
sen um je 90 Grad geschwenkt wer-den.
Ähnlich wie Spielzeug-Drohnen er-folgt
ihre elektrische Ansteuerung durch eine
Lageregelung. Dadurch sind senk-rechte
Starts und Landungen möglich. Insge-
samt beträgt ihre Leistung 320 kW (Seri-
enverion). Gegenüber den drohnen-
ähnlichen Senkrechtstartern hat Lilium
einen entscheidenden Vorteil: Mit der
Fähigkeit des aerodynamischen Flugs im
Reisebereich verbraucht er bis zu 90 %
weniger Energie.
Lilium’s Flight Envelope Protection Sy-
stem (deutsch etwa: Schutz des Betriebs-
zustandes) verhindert aber auch, dass
der Pilot Manöver fliegt, die über die aero-
dynamischen oder strukturellen Grenzen
des Flugzeugs hinausgehen würden. Im
Reiseflug, so sind die Berechnungen, soll
Lilium bis zu 300 km/h schnell werden.
Die Faneinheiten stehen dann oberhalb
des Profils mit der Ansaugöffnung Rich-
tung Flugrichtung. Durch das Ansaugen
des Fahrtwindes entsteht in den vorderen
zwei Dritteln des Flügels eine laminarere
Strömung. Lilium besitzt keinerlei aero-
dynamische Ruder! Lilium wird rein elek-
trisch betrieben. Die Energie soll aus
Batterien kommen.
Foto: Lilium Aviation
Bild: Lilium Aviation
Bild: Lilium Aviation
Boeings Einstieg über Tochtergesellschaften in die Zukunft alternativer Antriebssysteme zukünftiger Verkehrsflugzeuge
Ein Canard-Flugzeug mit Senkrechtstarteigenschaften
Der Realität ein Stückchen näher
Mit dem Aurora eVTOL als Air-Taxy für Uber möchte
Boeing Erfahrungen sammeln.
Das Antriebskonzept der Drohne könnte
bald auch zivile Anwendung finden.
Zunum Aero sieht für die Zukunft eine ganze E-Flugzeug-Familie. Mit einem 12-Sitzer soll begonnen werden
projekten mitgewirkt. Ausgangsbasis für
einen bemannten Multicopter eVTOL, war
ein militärisches Gerät für das Verteidi-
gungsministerium, das unter anderem nun
auch für den Fahrdienstvermittler Uber ent-
wickelt wird. Das bereits 1989 gegrün-det
Unternehmen US-Firma Aurora Flight
Sciences in Manassas im US-Bundesstaat
Virginia ist nach Angaben von Boeing ei-
nes der führenden Firmen für elektrische
Antriebe. Aurora Flight Sciences wird als
selbstständige Tochter der Boeing Com-
pany fortgeführt. Zu den ersten Entwürfen
für größere Flächenflugzeuge zählt auch
XV-24A, einem zurzeit noch unbemannten
Canard-Flugzeug, ebenfalls militärischer
Auslegung, für das auch bemannte zivile
Auslegungen denk-bar sind. Die Ähnlich-
keit zu dem deutschen Projekt Lilium ist
dabei frappierend. Die 24 elektrischen
Antriebsmotoren sollen besonders lärmarm
arbeiten. Für Start und Landung werden
sowohl der Haupt- als auch der Canard-flü-
gel in eine senkrechte Position gebracht.
Zunum Aero, der noch immer große
Unbekannte unter den Start-up-Unter-
nehmen für zukünftige Verkehrsflug-
zeuge hat große Pläne.
Vorerst fliegt Zunum‘s Aero 12-Sitzer nur
als Computeranimation. Das von Boeing
HorizonX und JetBlue Technology Ventu-
res unterstützte Start-up-Unternehmen
möchte sein erstes Hybrid-Flugzeug be-
reits 2022 in die Luft bringen. Doch der
Zwölfsitzer von Zunum soll nur den An-
fang einer ganzen Familie elektrisch ange-
triebener Regionalflugzeuge sein,
die innerhalb der nächsten zehn Jahre
marktreif werden könnten. Zunum ver-
spricht wesentliche Leistungs- und Effi-
zienzsteigerungen für die Zukunft. Das
Unternehmen setzt dabei auf die bis dahin
noch leistungsfähigeren Batterien, mit
denen sich immer höhere Reichweiten
erzielen ließen. Die elektrische Leistung
kommt von in den Flügeln gelagerten Bat-
terien, die direkt von einer Powertrain-
Einheit im Heck des Flugzeugs gespeist
werden. Als Antrieb dienen zwei elek-tri-
sche Fans, deren Schaufeln wie bei den
Turbofans verstellt werden können. Zudem
soll das Flugzeug auf extrem kurzen Pisten
von nur 670 Meter starten können. Das
Geschäftsreiseflugzeug soll immerhin 340
mph (550km/h) erreichen und einen Ak-
tionsradius von 700 Meilen haben. Das
Unternehmen rechnet mit nur 8 Cent pro
geflogene Meile und Sitzplatz. Zum Ende
des kommenden Jahrzehnts sollen laut
Zunum elektrisch angetriebene Flugzeuge
für bis zu 50 Personen mit über 1.600 Kilo-
meter Reichweite möglich sein. Dies deckt
sich durchaus auch mit den Angaben von
Siemens, die mit Airbus an ähnlichen
Ideen arbeiten.
Dreier-Pakt: Airbus, Siemens und Rollce-Royce bereiten sich auf die Zukunft vor
Nach einigen geförderten Projekten wie den e-Genius, den E-Star und den Fan 2.0 entsteht jetzt das Gemeinschafts-
Projekt E-Fan X auf Basis des kleinen Vierstrahlers BAe 146. Das Testflugzeug soll schon 2020 in die Luft kommen!
Bild: Airbus
Auf Basis des britischen Kleinverkehrs-
flugzeuges BAe-146 wollen Siemens,
Rolls- Royce und Airbus gemeinsam bis
zum Jahr 2020 die Machbarkeit eines fort-
schrittlichen Elektroantriebs prüfen. In der
ersten Phase ist beabsichtigt nur ein
Strahltriebwerk dieses erfolgreichen Ver-
kehrsflugzeuges gegen einen Elektro-
motor von Siemens auszutauschen. Die
Triebwerksgondel für den 2 MW starken
Motor bleibt ebenso erhalten, wie der Fan,
der dem Motor angepasst werden muss
und die dazugehörige Verkleidung. In der
zweiten Phase soll eine weitere Trieb-
werkseinheit umgerüstet werden. Rolls-
Royce übernimmt den Part für die Lei-
stungselektronik und die Integration des
Motors, während Airbus die Kontrollarchi-
tektur des hybrid-elektrischen Antriebs-
systems, der Batterien sowie für die Steu-
erung des Flugzeug verantwortlich sein
wird.
Foto: Wright Electric